Regenschirme auf – Jetzt wird gekotzt.

Manchmal kommt es mir hoch. Das sind dann Momente wo ich einfach nicht meine Klappe halten kann und die Leute lieber nach Regenschirmen gängeln sollten, wenn sie nichts abbekommen wollen.
Ich behalte ziemlich viel Frust der mir im Internet begegnet für mich. Ich fahre nicht schnell aus der Haut und auch das oben angesprochene „Auskotzen“ ist ziemlich selten. Oft mache ich das still und heimlich mit mir selbst aus, oder ärgere mich mit Freunden darüber. Aber so richtig öffentlich meckern? So ganz schonungslos? Das wollte ich eigentlich nicht. Und trotzdem muss es jetzt raus. Ich habe in den letzten Monaten so viel Vergammeltes gegessen, dass ich nichts mehr davon bei mir halten kann. In Deckung! Ich hoffe ihr habt die letzten Sätze dazu genutzt wirklich Regenschirme zu besorgen.
Achtung. Das hier ist eine Momentaufnahme. Ich beruhige mich danach auch wieder und lasse es gut sein.
Ich habe es letztens an einem Abend mit Twitter bereits verläuten lassen. „Earl Sinclair hat mal seine Seele für einen Becher verkauft.“ – Für was verkaufen einige YouTuber und Blogger denn so ihre Seele? Für Gratiskram, für Ruhm und für Geld. Das ging ja schnell. Aber viel eher interessiert mich was in diesen Leuten bloß vorgehen mag.
Selbst ich weiss wie der Hase läuft. Eine Firma schreibt mich an, will mir mit Gratisschminke den Po vollstopfen und verlangt dafür einen Testbericht. Mindestens auf dem Blog, noch lieber aber gleich bei YouTube. Manchmal stehen noch weitere Bedingungen dabei. Und da fängt das Seele verkaufen an. Da wollen sie ausschließlich positive Berichte, bestimmte Sätze gesprochen bekommen, gar ein ganzes Video nach Drehbuch. Sie laden einen vielleicht sogar auf ein Event ein. Sie wollen eine Werbefigur im Deckmantel eines ehrlichen Bloggers. Und das dann am Besten noch für quasi umsonst. Sie „vertelevisionieren“ die Blogger- und YouTuberwelt. Total schlau. Ganz im Ernst. Die Leute sind überhaupt nicht doof. Ich will nicht wissen inwieweit die Blog- und YouTube-Szene den Profit der Kosmetikindustrie beeinflusst hat. Will ich ehrlich nicht wissen.
Ich bedauere diese Entwicklung, wie viele andere Blogger auch. Der Gratiskram ist nicht mal das Problem. Eher im Gegenteil. Das kann positiv für Blogger, Leser und Firma sein. Aber wenn dadurch die Ehrlichkeit nachlässt, der Anstand flöten geht und keinerlei Transparenz mehr herrscht, ist der Blog bloß ein Instrument ohne Seele. Man kann auch zu einer Firma nein sagen. Man kann Gratiskram ablehnen. Man kann auch zuvor bohrende Fragen stellen. Man muss nicht blind ja schreien, total geblendet von irgendwelchem tollen SchnickSchnack was letztendlich eh in der überfüllten Schublade landet.
Meine Position ist ganz deutlich und ich hoffe selbst, dass ich niemals erblinden werde. Ich will meine Prinzipien nicht über Bord werfen, nur weil ich den Duft des Geldes in der Nase habe. Und dabei könnte ich ein bisschen Kohle wirklich gebrauchen. Noch viel eher brauche ich aber verlässliche Menschen um mich herum. Leute denen ich vertrauen kann. Leute die mir schonungslos ins Gesicht sagen, wenn sie etwas scheiße finden. Fundiert natürlich. Und keine Ja-Sager, Hinterherläufer und honigumschmierte Tussis.
Wirklich bewusst geworden ist mir diese ganze Situation nachdem ich letztes Jahr einige Erfahrungen mit „Kollegen“ sammeln durfte. 2010 kamen die Diskussionen um Tierversuche innerhalb der Kosmetik das erste mal (bewusst in der „Szene“) so richtig auf. Es wurde hitzig diskustiert, aber auch total schnell verurteilt. Letzteres ist etwas was ich ebenso bedauere. Keiner sollte mit dem Finger auf den anderen zeigen. (Solange er ehrlich ist.) Es gibt Blogs und YouTube-Channel die mit vollem Bewusstsein über nicht tierversuchsfreie Marken berichten. Mit vollem Bewusstsein meine ich, dass diese Leute Bescheid wissen. Etwas was ich für mich zwar nicht nachvollziehen kann, aber auch etwas was ich akzeptiere. Etwas worüber nicht gesprochen werden muss. Es ist ehrlich, es ist wahr und es ist daher nicht einfach so zu verteufeln.
Dann gab es aber auch Leute die sich plötzlich als sehr „tierlieb“ (ich weiss, ein sehr dehnbarer Begriff) outeten. Plötzlich wurde auf tierversuchsfreie Produkte geachtet, es wurde öffentlich darüber gesprochen. Blogger und YouTuber plädierten für eine vegane mindestens vegetarische Ernährung, wegen der armen armen Tiere. Mir fallen da auf Anhieb drei Bloggerinnen und YouTuberinnen ein. Und alle drei haben ihre ganzen Prinzipien, die sie zuvor so sehr predigten, einfach in die nächste Mülltonne geworfen. Heute, im Februar 2011, schauen genau diese Mädels nicht mal mehr auf die offensichtlichsten Sachen. Sie werben für große Innovationsmarken, sind auf Promi-Veranstaltungen unterwegs, drehen Videos in Kooperation mit Firmen und verkaufen ihre Seele letztendlich für einen „Becher“.
Ich bin davon ausgegangen, dass die „Community“ den Umstand bemerken wird. Ich habe die Masse trügerisch für sensibilisiert und schlau gehalten. Aber der Einzelne zählt da nicht. Es gibt in dieser Masse nun mal keinen Einzelnen. Es war falsch von mir zu denken, diese Leute würden mit dieser Methode sowieso bald weg vom Fenster sein. Aber die Realität hat mich Träumerin mal wieder eines Besseren belehrt. Sie sind erfolgreicher denn je. Ihre Blogs und Kanäle boomen.
Aber auch ein Becher wird kaputt gehen, wenn man ihn fallen lässt.

Bildquelle
Waschbär Ben

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